Befreiungsantrag Krankenkasse: Was die Krankenversicherung lesen will

Infos zum Befreiungsantrag Krankenkasse
Für den Befreiungsantrag hält die Krankenkasse ein Formular bereit.

Bei einer Erkrankung übernimmt die Krankenkasse die Kosten für notwendige Maßnahmen, um Deine Gesundheit wiederherzustellen und zu erhalten. Als Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung musst Du Dich aber an den Kosten beteiligen. Und vor allem wenn Du schwerwiegend, chronisch oder nach einem Unfall krank bist, kann durch die Zuzahlungen schnell eine ordentliche Summe zusammenkommen. Damit die finanzielle Belastung nicht zu groß wird, wurden zum einen Höchstgrenzen für die Zuzahlungen festgelegt. Zum anderen gibt es eine Belastungsgrenze. Ist sie erreicht, kannst Du einen Befreiungsantrag bei der Krankenkasse stellen. So musst Du für den Rest des Kalenderjahres keine weiteren Zuzahlungen leisten.
Bist Du gesetzlich krankenversichert, musst Du Dich durch Zuzahlungen an den Behandlungskosten beteiligen. Verordnet Dir der Arzt zum Beispiel Medikamente oder wirst Du stationär im Krankenhaus behandelt, zahlst Du einen gewissen Anteil dazu.

Allerdings soll die Gesundheit nicht zu einem unbezahlbaren Luxus werden und Dich finanziell übermäßig belasten. Aus diesem Grund wurde die Höhe der gesetzlichen Zuzahlungen begrenzt. Bei den meisten Verordnungen liegt diese Grenze bei zehn Prozent der Kosten, mindestens aber fünf und höchstens zehn Euro.

Zusätzlich dazu gibt es noch die individuelle Belastungsgrenze. Sie beziffert den Betrag, den Du pro Jahr stemmen musst. Ist die Belastungsgrenze erreicht, kannst Du Dich auf Antrag von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Der Befreiungsantrag hat zur Folge, dass Du in diesem Jahr dann nichts mehr zuzahlen musst.

Welche Voraussetzungen für so einen Befreiungsantrag gelten und wie Du ihn bei Deiner Krankenkasse stellst, erklären wir Dir in diesem Beitrag.

Die Voraussetzungen für eine Zuzahlungsbefreiung

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) übernimmt grundsätzlich die Kosten für alle medizinischen Behandlungen und Therapien, die notwendig sind. Wirst Du krank oder hast Du einen Unfall, kannst Du Dich also darauf verlassen, dass der behandelnde Arzt alles Erforderliche unternimmt, damit Du wieder gesund wirst oder sich Dein Gesundheitszustand zumindest nicht verschlechtert.

Allerdings musst Du Dich in einem gewissen Umfang an den Kosten, die für Deine Behandlung entstehen, beteiligen. Das erfolgt durch Zuzahlungen. Sie zahlst Du zum Beispiel dann, wenn Du in der Apotheke ein Rezept einlöst, zur Krankengymnastik gehst, im Krankenhaus liegst oder eine Reha machst.

Kinder und Jugendliche, die das 18. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, sind von den Zuzahlungen aber ausgenommen. Und auch Du selbst musst die Zuzahlungen nicht in unbegrenzter Höhe leisten. Denn es gibt die sogenannte Belastungsgrenze.

Die Grundlage für die Belastungsgrenze ist das Jahres-Bruttoeinkommen des gesamten Haushalts. Zu dem Einkommen, das Du verdienst, werden also auch die Einkünfte Deines Ehe- oder Lebenspartners und die Einkünfte der familienversicherten Kinder dazugerechnet.

Anschließend werden von diesem Gesamteinkommen für alle Familienmitglieder, die im gemeinsamen Haushalt leben, Freibeträge abgezogen. Der Betrag, der danach übrig ist, ist das Einkommen, das berücksichtigt wird. Und die Belastungsgrenze beträgt zwei Prozent dieses Einkommens. Bei einer chronischen Erkrankung halbiert sich die Grenze auf ein Prozent.

Das bedeutet: Du musst bis zu einer Höhe von zwei (bzw. einem) Prozent des zu berücksichtigenden Einkommens Zuzahlungen leisten. Dann ist Deine Belastungsgrenze erreicht und Du kannst einen Befreiungsantrag bei Deiner Krankenkasse stellen.

Die Berechnung der Belastungsgrenze

Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze werden alle im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitglieder berücksichtigt. Das gilt jedenfalls bei Ehepaaren. Lebst Du mit Deinem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner zusammen, werden also eure beiden Einkommen zusammengerechnet.

Im Gegenzug wird sowohl für Dich als auch für Deinen Ehe- oder Lebenspartner ein Freibetrag abgezogen. Ob eine Familienversicherung besteht oder jeder von euch selbst versichert ist, spielt keine Rolle. Seid ihr hingegen nicht verheiratet, wird die Belastungsgrenze für jeden separat ermittelt.

Auch die Kinder fließen in die Berechnung ein. Dabei gilt, dass Kinder unter 18 Jahren immer eingerechnet werden. Welchen Versicherungsstatus sie haben, ist egal. Ab dem Jahr, in dem die Kids 18 werden, werden sie nur noch dann berücksichtigt, wenn sie familienversichert sind.

Die Freibeträge, die vom Bruttoeinkommen abzogen werden, legt der Gesetzgeber jedes Jahr neu fest. Im Jahr 2019 belaufen sie sich auf 5.607 Euro für den Ehe- oder Lebenspartner und auf 7.620 Euro pro Kind.

Ein Rechenbeispiel

Angenommen, Du bist verheiratet und hast zwei kleine Kinder. Dein Jahreseinkommen beträgt 25.000 Euro brutto, Dein Ehegatte verdient 10.000 Euro brutto. Euer gemeinsames Jahres-Bruttoeinkommen beläuft sich somit auf 35.000 Euro. Die Kinder verdienen kein eigenes Geld.

Von eurem Einkommen werden Freibeträge abgezogen. Das sind einmal 5.607 Euro für den Ehegatten und zweimal 7.620 Euro für die Kinder. Insgesamt ergeben sich so Freibeträge in Höhe von 20.847 Euro.

Die Freibeträge werden nun vom Einkommen abgezogen. Damit bleiben 35.000 Euro – 20.847 Euro = 14.153 Euro als Haushaltseinkommen übrig.

Da die Belastungsgrenze zwei Prozent beträgt, wären das hier 283,06 Euro. Du müsstest also im gesamten Kalenderjahr für Dich und Deine Familie Zuzahlungen bis zu dieser Höhe leisten. Sind die 283,06 Euro erreicht, bist Du an Deiner Belastungsgrenze angekommen. Dann kannst Du einen Befreiungsantrag bei der Krankenkasse stellen und wirst von weiteren Zuzahlungen für dieses Jahr befreit.

Die Belastungsgrenze für chronisch Kranke

Eigentlich beträgt die Belastungsgrenze zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinkünfte, die alle Familienmitglieder im gemeinsamen Haushalt erzielen. Besteht bei Dir oder einem Familienmitglied aber eine chronische Erkrankung, halbiert sich die Belastungsgrenze. Sie beträgt dann also nur ein Prozent.

Eine chronische Erkrankung ist an zwei Voraussetzungen geknüpft. Die erste Voraussetzung ist, dass der Patient über einen Zeitraum von einem Jahr oder länger mindestens einmal pro Quartal wegen der Krankheit beim Arzt war. Als zweite Voraussetzung kommt dazu, dass

  • aufgrund der Erkrankung ein Grad der Behinderung oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 60 Prozent vorliegt oder
  • eine Pflegebedürftigkeit im Pflegegrad 3, 4 oder 5 festgestellt wurde oder
  • die Krankheit eine konstante medizinische Versorgung notwendig macht und sich der Gesundheitszustand verschlechtern würde, wenn die Therapie wegfiele.

Damit die GKV eine chronische Erkrankung anerkennt, musst Du eine ärztliche Bescheinigung einreichen. Der Arzt muss darin angeben, um welche Krankheit es sich handelt und wie die Therapie erfolgt. Das Formular dafür bekommst Du, wie übrigens auch den Befreiungsantrag, bei Deiner Krankenkasse.

Stuft die Krankenversicherung Dich oder das betroffene Familienmitglied als chronisch krank ein, sinkt die Belastungsgrenze auf ein Prozent. Im Beispiel von oben müsstest Du demnach nur Zuzahlungen bis zur Grenze von 141,53 Euro leisten.

Die Belastungsgrenze beim Bezug von Sozialleistungen

Wenn Du Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehst, wird die Belastungsgrenze anders berechnet. Als Berechnungsgrundlage dient dann nämlich der Regelsatz vom Haushaltsvorstand. Der Haushaltsvorstand ist die Person der Bedarfsgemeinschaft, die den höchsten Satz bekommt.

Bei der Berechnung wird nur dieser Regelsatz berücksichtigt. Die Leistungen der anderen Familienmitglieder fließen nicht ein. Im Gegenzug werden aber auch keine Freibeträge abgezogen.

Das heißt: Im Jahr 2019 beträgt der Regelsatz für den Haushaltsvorstand 424 Euro pro Monat. Im Jahr sind das 5.088 Euro. Bei einer Belastungsgrenze von zwei Prozent musst Du folglich 101,76 Euro an Zuzahlungen leisten. Liegt eine chronische Erkrankung vor, belaufen sich Deine Zuzahlungen auf 50,88 Euro.

Nicht alle Ausgaben zählen als Zuzahlungen

Wichtig zu wissen ist, dass die GKV nur die geleisteten Zuzahlungen berücksichtigt, die auf eine ärztliche Verordnung zurückgehen. Hat Dir Dein Arzt zum Beispiel Medikamente oder Heilmittel verschrieben und hast Du dafür die gesetzliche Zuzahlung geleistet, wird die Ausgabe anerkannt.

Hat Dir der Arzt aber auf einem Privatrezept Arzneimittel aufgeschrieben, die nicht im Leistungskatalog der Krankenkasse stehen, zählen diese Ausgaben nicht als Zuzahlung. Wenn Du Dir selbst freiverkäufliche Medikamente ohne ärztliche Verordnung gekauft oder eine verbesserte Versorgung über die Kassenleistung hinaus in Anspruch genommen hast (z.B. Einzelzimmer statt Mehrbettzimmer im Krankenhaus), kannst Du die Kosten dafür auch nicht einrechnen. Gleiches gilt für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) und Zuzahlungen für Zahnersatz.

Solche Ausgaben berücksichtigt die Krankenkasse nicht. Du kannst sie aber unter Umständen als außergewöhnliche Belastung in der Steuererklärung geltend machen.

Den Befreiungsantrag bei der Krankenkasse stellen

Der Gesetzgeber möchte nicht, dass die gesetzlich Krankenversicherten durch die Versicherungsbeiträge und die Zuzahlungen stärker belastet werden, als es ihre finanziellen Möglichkeiten erlauben. Aus diesem Grund kannst Du Dich von Zuzahlungen befreien lassen, die über Deine persönliche Belastungsgrenze hinausgehen. Die gesetzliche Grundlage dafür schafft § 62 Sozialgesetzbuch V.

Den Befreiungsantrag stellst Du bei Deiner Krankenkasse. Das Antragsformular, das Du dafür brauchst, haben die meisten Krankenkassen online hinterlegt. Sollte das nicht der Fall sein, bekommst Du es als Vordruck auf Papier von Deiner Krankenversicherung. Für den Antrag musst Du also kein eigenes Schreiben aufsetzen, sondern nur den Vordruck ausfüllen. Das ausgefüllte Antragsformular reichst Du dann zusammen mit

  • den Original-Quittungen über die geleisteten Zuzahlungen,
  • Kopien von Einkommensnachweisen der Familienmitglieder und
  • eventuell der ärztlichen Bescheinigung über eine chronische Erkrankung

ein. Was den Zeitpunkt angeht, an dem Du den Befreiungsantrag bei der Krankenkasse stellst, gibt es drei Möglichkeiten.

1. Am Jahresbeginn

Wenn klar ist, dass Du im Jahresverlauf Deine Belastungsgrenze überschreiten wirst, kannst Du Dich gleich zu Jahresbeginn von den Zuzahlungen befreien lassen. Dafür überweist Du Deiner Krankenkasse den Betrag, mit dem Du Dich an den Kosten beteiligen musst. (Im Beispiel oben würdest Du also die 283,06 bzw. 141,53 Euro auf einmal bezahlen.)

Die Krankenkasse stellt Dir daraufhin eine Befreiungsbescheinigung für das Kalenderjahr aus. Der Vorteil ist, dass Du auf diese Weise eine Befreiung von weiteren Zuzahlungen nicht erst im Nachhinein beantragen musst. Andererseits musst Du gut rechnen. Denn wenn sich herausstellt, dass Deine Vorauszahlung zu hoch war, erstattet Dir die Krankenkasse die Differenz in aller Regel nicht zurück.

2. Im Verlauf des Jahres

Erreichst Du im Jahresverlauf mit Deinen Zuzahlungen die Belastungsgrenze, kannst Du den Befreiungsantrag bei der Krankenkasse stellen. Wann Du beim Höchstbetrag angekommen bist, musst Du aber selbst ermitteln. Die Krankenkasse informiert Dich nicht darüber.

Die Krankenkasse prüft Deinen Antrag. Ist die Belastungsgrenze erreicht, wird der Antrag bewilligt und Du bekommst eine Bescheinigung. Dadurch bist Du für dieses Kalenderjahr von weiteren Zuzahlungen befreit. Löst Du zum Beispiel in der Apotheke ein Rezept ein, musst Du dann nur noch die Befreiungsbescheinigung vorlegen. Hast Du zu diesem Zeitpunkt schon höhere Zuzahlungen geleistet, als Du musstest, erstattet Dir die Krankenkasse außerdem die zuviel gezahlten Beträge.

3. Nach Ablauf des Jahres

Du kannst die Zuzahlungen auch erst einmal ganz normal bezahlen und die entsprechenden Rechnungen und Quittungen sammeln. Den Befreiungsantrag kannst Du dann nach Ablauf des Kalenderjahres stellen. Auf diese Weise kannst Du Dich gewissermaßen nachträglich von der Zuzahlung befreien lassen.

Liegt Dein Antrag vor, prüft die Krankenkasse nämlich, wie hoch Deine Belastungsgrenze war und in welcher Höhe Du Zuzahlungen geleistet hast. Die Differenz bekommst Du per Überweisung zurück. Die Befreiung bezieht sich dann aber nur auf das abgelaufene Jahr. Für das neue, laufende Jahr musst Du einen separaten Befreiungsantrag stellen.